Pilzhof Pilzsubstrat Wallhausen GmbH

Pilzhof Pilzsubstrat Wallhausen GmbH

Erfolg in einer Nische

2.250 Tonnen Frischsubstrat, daraus entstehen rund 1.300 Tonnen durchwachsenes Substrat – aus diesem entstehen 3.000 fruktifizierte Kisten mit Champignons, das restliche Substrat wird als lose Ware ausgeliefert – das ist die wöchentliche Produktion vom Pilzhof Pilzsubstrat Wallhausen im südlichen Sachsen-Anhalt. „Dass die Kisten einmal soviel Nachfrage haben werden, hatten wir am Anfang nicht gedacht. Doch die Kisten sind gerade für kleine Produzenten interessant, weil so mit relativ geringem Aufwand Champignons kultiviert werden können“ erklärt Michael Schattenberg, der seit September 2013 Vorsitzender des Bund Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer (BDC) e.V. ist. Der studierte Biotechnologe ist seit der Gründung Geschäfts-führer des Pilzhofes. Heute machen die Kisten 50 Prozent der Produktion aus. Die verzinkten Behälter mit einer Kulturfläche von jeweils 2,7 m² werden in ganz Europa verkauft, den Schwerpunkt bilden Skandinavien und der ehemalige Ostblock, aber auch in Deutschland, Frankreich und Belgien hat Schattenberg Kunden für sein Spezialprodukt. Dieser Markt ist eine Nische, die nicht viele Hersteller bedienen. Das hat gute Gründe, einer davon ist die Investition in die Kisten, die an die Kunden verliehen werden. Pro Stück schlagen sie mit rund 145 Euro zu buche, 24.000 sind in Wallhausen im Umlauf. Die Kisten binden viel Kapital, doch was für Michael Schattenberg noch viel schwerer wiegt ist, dass die Kisten fruktifiziert ausgeliefert werden. Drei Tage nach Erhalt kann der Kunde mit der Ernte der ersten Welle beginnen. „Alles, was bei der ersten Welle schief geht, waren wir. Also müssen wir bei den Kisten noch genauer arbeiten und noch intensiver kontrollieren als wir es schon von Haus aus tun“ weiß Schattenberg. Und damit auch der Kunde mit weniger Pilz-Erfahrung mit den Kisten zurecht kommt, sind drei Außendienstler ständig als Berater unterwegs. „Deren Hauptaufgabe ist wirklich die Beratung, klassische Verkäufer sind meine Außendienstler nicht“ erklärt Schattenberg. Ein weiterer Grund, warum sich nur wenige mit den Kisten beschäftigen, ist die Logistik, die sich hinter dem Geschäft mit den Leihkisten verbirgt. Grundsätzlich werden neue Kisten und abgeerntete aus hygienischen Gründen nicht auf einem Fahrzeug transportiert. Die Spedition, die im Auftrag des Pilzhofes liefert, fährt deshalb oft viele Touren fast doppelt. „Wenn sie in Schweden vier oder fünf Betriebe beliefern, kommen da viele Kilometer zusammen. Manchmal entstehen dann Frachtkosten, die fast höher sind als der eigentliche Wert der Pilze in den Kisten“ ist die Erfahrung von Michael Schattenberg. Der ist mit dem direkt an der A38 und der B80 gelegenen Pilzhof mittlerweile bestens angebunden, doch steigende Dieselpreise und die leidige Maut sind auch für den Sachsen-Anhalter ein Thema.

Der Pilzhof in Wallhausen ist ein eigenständiges Unternehmen, darauf legt Michael Schattenberg besonders viel Wert. Gesellschafter in der GmbH ist die niederländisch-belgische Walkro-Gruppe. „Wir machen in der Produktion zwar einiges anders als bei unserer Muttergesellschaft. Es gibt aber einen regelmäßigen fachlichen Austausch. Dieser ist auch sehr wichtig. Zurzeit ist gerade wieder ein Mitarbeiter aus den Niederlanden hier, der mein Team unterstützt“ sagt Michael Schattenberg. 44 Mitarbeiter, darunter sind fünf Auszubildende, gehören zur Belegschaft des Pilzhofes. Auf dem Markt kommen sich Tochter und Mutter übrigens nicht ins Gehege, weil der Pilzhof mit den Kisten eine Nische bedient, die in den Niederlanden keine Rolle spielt und weil das lose Substrat aus Wallhausen vorwiegend gen Osten verkauft wird. Nur 35 Prozent der Produktion bleiben in Deutschland – der Pilzhof ist ein typischer Exportbetrieb „Wenn der eine oder andere mal Engpässe hat, helfen wir uns aber auch mit Materialien oder Substrat aus“ erklärt Schattenberg. Das ist ein großer Vorteil. Deshalb konnte im ab Ende 1999 entstandenen neuen Betrieb auch schnell verkauft werden – die ersten Vorstufen für die Substrate aus Wallhausen kamen damals noch von Walkro. Die Idee, in Wallhausen Substrat für Pilze zu kultivieren, stammt noch aus der Vorwendezeit. Champignons waren in der DDR gesucht und wurden kaum produziert. Doch der wissenschaftlich äußerst umtriebige Chef der Tierzucht Nordhausen, Dr. Johannes Franz, hatte Ende der 1980er-Jahre ein Konzept für die Produktion in der Tasche – ihn reizte die Chance, Pilze zu produzieren und gleichzeitig mit dem reichlich vorhandenen Mist aus der Tierproduktion noch etwas Sinnvolles anzufangen. Als die Wende kam, wurde die Produktion der Pilze eingestellt, weil Importe aus dem Westen den Markt überfluteten. Doch die Idee, in Wallhausen Substrat zu produzieren, blieb erhalten. Ende der 1990er-Jahre sah die Walkro-Gruppe darin eine Chance und stieg ein.

Wallhausen liegt nicht gerade im Nabel der Pilzwelt und deshalb gibt es im Pilzhof eine eigene Werkstatt mit ausgebildeten Fachleuten für Reparaturen. „Bis jemand aus den Niederlanden hier ist, ist ein Tag fast weg. Das dauert einfach zu lange, wir müssen uns bei Problemen selbst helfen. Das ist für die Niederländer, die alle Firmen praktisch vor der Haustür haben, etwas einfacher“ ist die Erfahrung von Michael Schattenberg. Das in der Phase I entstehende Ammoniak wird in Wallhausen mit Hilfe von Wasser und Stroh gefiltert – die Mutter nutzt dafür Holz. Vorteil der sachsen-anhaltinischen Methode: Das Wasser kann nach dem Filtern für den normalen Produktionsprozess verwendet werden. Große Auffangbehälter sorgen dafür, dass auch in regnerischen Phasen kein belastetes Wasser in die Umwelt gelangt. Als eigentlicher Filter fungiert Stroh, das ebenfalls später wieder in die Produktion eingefügt wird. So werden Umweltbelastungen und Geruchsbelästigungen weitgehend vermieden. Michael Schattenberg und sein Team haben diese typische Duftnote gut im Griff. Beim Rundgang fällt sofort auf, dass es sich hier um ein auf dem Reißbrett geplantes und nicht langsam gewachsenes Unternehmen handelt. Das könnte auch noch wachsen, Land dafür hat Michael Schattenberg schon kaufen können. Doch vorerst reicht der Platz auf dem insgesamt 8 ha großen Betriebsgelände an der B80 noch aus.

Text und Bilder: Christiane James

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